
14.10.2010 | OLG München Az. 31 Wx 84/10 (Beschluss)
Auslegung der Formulierung „gleichzeitiges Ableben“ in gemeinschaftlichem Testament
Die Formulierung „gleichzeitiges Ableben“ erfasst nicht nur den unwahrscheinlichen Fall des Ablebens im gleichen Bruchteil einer Sekunde, sondern auch das Versterben innerhalb eines kürzeren Zeitraums.
Die Eheleute errichteten im Jahre 1995 ein gemeinschaftliches Testament. Danach sollte im Falle des „gleichzeitigen Ablebens“ die Cousine der Ehefrau Alleinerbin werden. Der Wert des Nachlasses betrug rund 1,2 Mio. Euro. Die Ehefrau verstarb bereits 1998, der Ehemann dagegen erst im Jahre 2009 im Alter von 87 Jahren. Der Ehemann hatte allerdings im Jahre 2002 mit eigenhändigem Testament seinen Bruder als Erben des gesamten Vermögens eingesetzt.
Das OLG München hatte nun zu entscheiden, wer Alleinerbe geworden war. Maßgeblich kam es darauf an, ob durch das gemeinschaftliche Testament eine Erbeinsetzung der Cousine erfolgt ist. Durch Auslegung war zu ermitteln war, ob die Formulierung des „gleichzeitigen Ablebens“ auch den erst über zehn Jahre späteren Tod des Ehemanns noch erfassen sollte. Anderenfalls hätte der Ehemann durch das spätere Testament über das Vermögen neu verfügen können.
Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass die Formulierung über den strengen Wortlaut hinaus – nach diesem wäre nur das Versterben im gleichen Bruchteil einer Sekunde erfasst – auszulegen sei. Erfasst seien auch Fallgestaltungen, in denen Ehegatten innerhalb eines kürzeren Zeitraums nacheinander versterben würden. Die Ehegatten wollten zwar dem Überlebenden grundsätzlich freie Hand lassen, allerdings eine Reglung für den Fall vorsehen, dass der Überlebende wegen zeitnahen Nachversterbens zu einer letztwilligen Verfügung nicht mehr in der Lage sei. Es sei anderenfalls vom Zufall abhängig, ob den gesetzlichen Erben des Ehemanns oder den gesetzlichen Erben der Ehefrau das gesamte Vermögen beider Eheleute zufließe.
Auf diese Konstellation wollten die Eheleute die Erbeneinsetzung jedoch regelmäßig auch beschränken und so dem Überlebenden von ihnen die Bestimmung überlassen, wer ihn beerben solle.
Auch im vorliegenden Fall sei dies anzunehmen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erbeinsetzung der Cousine auch für das Versterben nach über zehn Jahren gelten solle. Damit konnte der Ehemann durch Testament im Jahre 2002 über das Vermögen neu verfügen.
Alleinerbe wurde damit der Bruder des Ehemanns.
Siehe auch:
AUSLEGUNG
GEMEINSCHAFTLICHES TESTAMENT
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